Die Geschichte des Pyrenäenberghundes – Aus französischer Sicht

Besonders spannend ist die französische Perspektive auf diese traditionsreiche Hunderasse, die eng mit der Geschichte der Pyrenäen und ihrer Bewohner verwoben ist.

Jörg Krämer

4/14/20253 min read

Die Geschichte des Pyrenäenberghundes – Aus französischer Sicht

Majestätisch, ruhig und kraftvoll – der Pyrenäenberghund ist nicht nur ein treuer Gefährte, sondern auch ein echtes Stück lebendiger Geschichte. Wer sich mit der Herkunft dieser imposanten Rasse beschäftigt, taucht tief in die Kultur und das Leben der Bergregionen ein. Besonders spannend ist die französische Perspektive auf diese traditionsreiche Hunderasse, die eng mit der Geschichte der Pyrenäen und ihrer Bewohner verwoben ist.

🐾 Einwanderer auf vier Pfoten

Die genaue Herkunft des Pyrenäenberghundes liegt im Dunkeln – es fehlen handfeste Beweise, um seine Geschichte lückenlos zu rekonstruieren. Was wir aber wissen: Schon in der Bronzezeit und zur Zeit der römischen Besatzung gab es in den Pyrenäen große Hunde, die dem heutigen Pyrenäenberghund erstaunlich ähnlich waren.

Diese Tiere eigneten sich perfekt zum Schutz von Herden vor Raubtieren und Dieben. Kein Wunder also, dass sie von den Bergbewohnern geschätzt und als unermüdliche Wachhunde eingesetzt wurden.

🏔 Europas Berghunde – Ein gemeinsames Erbe

In fast allen Gebirgszügen Europas – von den Abruzzen bis nach Transsilvanien – finden sich große, massige Hunde mit auffallend ähnlichem Körperbau und Verhalten. Trotz großer geografischer Distanzen haben sich durch ähnliche Lebensbedingungen vergleichbare Rassen entwickelt.

„Die Notwendigkeit der Hirten hat über Ländergrenzen hinweg dieselben Hunde hervorgebracht.“

Diese Ähnlichkeiten deuten auf einen gemeinsamen Ursprung hin – möglicherweise die sagenumwobene Dogge aus Tibet.

🐕 Die Dogge aus Tibet – Ursprung aller Berghunde?

Viele kynologische Theorien führen die europäischen Herdenschutzhunde auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück: die tibetische Dogge. Doch es bleibt fraglich, ob dieser Hund unter den klimatischen Bedingungen der Pyrenäen überleben konnte.

Die Pyrenäen bieten – besonders in Zonen wie Bearn, Bigorre oder Couserans – deutlich mildere Bedingungen als die trockenen, eisigen Hochebenen Tibets. Dennoch zeigen die Parallelen in den Rassenbildern, dass sich ein gemeinsames Verhalten und Erscheinungsbild durchgesetzt hat.

🌄 Leben mit der Transhumanz

In den zentralen Pyrenäen war bis in die 1950er-Jahre die Transhumanz (saisonale Wanderung mit Vieh) fester Bestandteil des Alltags. Über hunderte Kilometer zogen die Hirten mit ihren Herden – begleitet von ihren Hunden – zu den Sommerweiden.

Diese Lebensweise erinnert stark an die Nomaden aus den indo-asiatischen Hochebenen, wo sich ebenfalls eine natürliche Selektion der besten Herdenschutzhunde vollzog.

„Der Hund ist der Wächter der Herde – der natürliche Verteidiger der Lämmer.“
Marcus Terentius Varro, 1. Jh. v. Chr.

💪 Die perfekten Wächter

Überall, wo Hirten Schafe, Ziegen oder Rinder hielten, entwickelte sich ein Idealbild des Herdenschutzhundes. Der Hund musste:

  • groß und kraftvoll sein, um Angreifer abzuschrecken,

  • ein dichtes Fell besitzen, um Schnee und Kälte zu trotzen,

  • laut bellen können, um Gefahren früh zu melden,

  • ruhig und überlegt handeln, um die Herde nicht zu beunruhigen,

  • und über einen ausgeprägten Beschützerinstinkt verfügen.

„Nehmen Sie Hunde, die eine tolle Form haben, die groß sind [...] mit einem weißen Fell, damit man sie nachts schneller erkennt.“
Varro über den idealen Hirtenhund

Besonders bevorzugt waren weiße oder weißgepunktete Hunde – nicht nur zur besseren Sichtbarkeit, sondern auch, weil sie sich optisch gut in die Herde einfügten.

🎨 Illustrationen & historische Darstellungen

Zur weiteren Veranschaulichung empfehle ich folgende Bilder und Werke:

1. „La Chasse au Loup“ (Die Wolfsjagd), ca. 1746

📜 Gemälde von Jean-Baptiste Oudry (1686–1755)
Ein eindrucksvolles Werk, das den Einsatz großer Hunde bei der Wolfsjagd zeigt – ein Hinweis auf ihre frühere Funktion als Wächter gegen Raubtiere.

2. Alte Holzschnitte oder Drucke von Hirten mit Hunden

Zum Beispiel aus französischen Almanachen oder Reisereportagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Viele davon zeigen große, zottelige Hunde an der Seite von Schafhirten.

3. Frühe Fotografien der Transhumanz in den Pyrenäen (ca. 1900)

Diese Bilder vermitteln eindrucksvoll die Realität des Lebens in den Bergen – mit Mensch, Hund und Tier im Einklang.

🐾 Fazit

Der Pyrenäenberghund ist mehr als nur ein Hund. Er ist ein Symbol für ein einfaches, naturverbundenes Leben – für den unerschütterlichen Schutzinstinkt und die jahrhundertealte Partnerschaft zwischen Mensch und Tier. Seine Geschichte zeigt: Überall dort, wo der Mensch Tiere beschützt hat, stand ein starker Hund an seiner Seite.

Tipp: Wer heute einen Pyrenäenberghund trifft, sollte sich daran erinnern: In diesem ruhigen Blick liegt die Weisheit der Berge – und die Kraft vieler Generationen.